Blick auf den Rhein von oben im steinigen Flussbeet

Reisebericht: Veloreise Bodensee – Lago Maggiore


Zusammen mit meiner Kollegin reiste ich gemütlich mit den ÖV nach Kreuzlingen, zum Startpunkt unserer Radreise mit Elektrovelos. Am Bahnhof tauschten wir zwei Gepäckstücke gegen zwei strahlend saubere, weisse Elektrovelos der Marke Flyer. Seitentaschen mit Flickzeug, Akkus inkl. Ladegeräten, Handyhalterung an einem der Velos – alles da, wir konnten starten.


Kreuzlingen hat eine hübsche Innenstadt und eine sehr einladende Seepromenade, welche leicht zu finden ist. Der Radweg verläuft idyllisch direkt dem Ufer entlang. Einzige Trübung der Idylle: Die mehr und mehr aufziehenden Gewitterwolken…….

 

 Bodensee - Laggo Maggiore Route in rot auf der Karte markiert.


Flach und entspannt am Bodensee und im Rheintal, ab Chur aber geht's stetig bergauf. Etwas rauere Wege begegnen Ihnen in der Rheinschlucht. Die Königsetappe über den Lukmanierpass können Sie auch mit dem öffentlichen Verkehr abkürzen. Rund um Bellinzona erwartet Sie etwas Verkehr, ansonsten fährt man im Tessin weitgehend auf verkehrsfreien Nebenstrassen.  

  • Fahrt vorbei an unzähligen Obstplantagen im Thurgau. 
  • Auenlandschaft mit Graureihern und Rehen im Rhein-Delta. 
  • Die Klosteranlage in Disentis. 
  • Der Lukmanierpass mit dem Stausee Lai da Sontga Maria.
  • Die eindrückliche Einfahrt in die Madagino-Ebene.

Die Alpenüberquerung über den Lukmanierpass benötigt eine schneefreie Passstrasse. Deshalb ist die Tour am besten von Mitte/Ende Juni bis Ende September zu fahren. 

Tag 1: Kreuzlingen – Rorschach/Umgebung

Blick auf den Bodensee in Kreuzlingen mit kleinem Steg
Gewitterwolken ziehen auf...

Nach einer kurzen Kaffeepause im Zentrum von Kreuzlingen nahmen wir unsere erste Etappe von ca. 50 km in Angriff. Da ich nur selten mit einem Flyer unterwegs bin, fand ich es toll, wie schnell man mit sehr wenig Anstrengung vorankommt. Der Weg führt direkt dem See entlang durch wunderschöne Parkanlagen. Bei heissem Sommerwetter gäbe es auch zahlreiche Bademöglichkeiten, aber bei uns wich das leichte Nieseln bald einem ausgiebigen Dauerregen. In der Gegend von Arbon erfuhren wir, weshalb man diese Region auch Mostindien nennt. Unzählige Apfel- und Birnenplantagen säumen den Radweg.

Blick auf das Hotel Weisses Rössli
Unser Hotel, natürlich in weiss.

In Arbon ist die bekannte und altehrwürdige Mosterei Möhl ansässig – die mit dem feinen «Saft vom Fass». In Rorschach wurde das Sandfiguren-Festival gefeiert. Gut abgeschirmt hinter einem Gitter gab es riesige und zum Teil sehr originelle Werke ganz aus Sand zu bestaunen.
 
Kurze Zeit und wenige Kilometer weiter erreichten wir unser Etappenziel Staad. Das Hotel «Weisses Rössli» liegt direkt am See. Es wurde geschmackvoll renoviert und verfügt über grosse Zimmer mit Klimaanlage. Unsere beiden weissen Rössli (die Flyer) konnten wir in der abschliessbaren Garage sicher aufbewahren.

Tag 2: Rorschach/Umgebung – Buchs SG

Eine gut eingepackte Velofahrerinnen ist bereit für die Tour im Regen
Wir sind bereit!

Ein erster Blick aus dem Fenster verriet uns, dass wir erst noch erfahren würden, was Starkregen heisst. Wir montierten alles, was wir an wasserdichter Kleidung und an nützlichen Accessoires dabei hatten; von Regenhosen bis zu Duschhäubchen von früheren Hotelaufenthalten. Nur Schuhüberzüge hatten wir keine. Zum Glück aber Plastiksäcke, welche zur Not als Überzüge herhalten mussten.
 
So ausgerüstet wagten wir uns auf den relativ langen Weg von ca. 65 km. Der Radweg führte erneut durch riesige Obstplantagen und später lange dem Rhein entlang flussaufwärts. Das erste Stück in der Gegend von Rheineck geht mitten durch Auenlandschaften. Wir konnten Graureiher und sogar einige Rehe beobachten.
Sicht auf ein verregnetes Obstfeld auf dem Weg
Das Obst lieget teilweise bereits am Boden.

Es gäbe zahlreiche nette Restaurants unterwegs, die wir aber hinter uns liessen wegen des Wetters. Die Radstrecke beginnt im schweizerischen Staad und führt später kurz durch österreichisches Staatsgebiet bei Höchst. Wir wurden aber nirgends kontrolliert. Dennoch ist es ratsam, einen Ausweis auf sich zu tragen.
 
Die Kilometer dem Rhein entlang, übrigens Alpenrhein genannt auf diesem Abschnitt, verlaufen völlig flach. Der Radweg ist wegen der Nähe zur Autobahn etwas lärmig und gibt bei schlechtem Wetter nicht allzu viel her. Kurz vor Buchs hatten wir etwas Mühe, den richtigen Weg zu finden. Spaziergänger, welche unsere Überzüge bestaunten, gaben uns die richtigen Tipps, um ins ersehnte Trockene zu kommen.
 
Etappenziel war das Hotel Buchserhof. Es liegt zentral in der Stadt. Wir genossen die gute Küche und mehr noch den Tumbler, der unsere nassen Kleider am nächsten Morgen wie frisch gebügelt aussehen liess.

Tag 3: Buchs SG – Chur

Blick auf einen Veloweg direkt neben dem Rhein
Hier kann man dem Rhein ganz nah sein.

Die eher kurze Etappe von rund 50 km erlaubte es uns, vor Abfahrt einen Stadt- und Einkaufsbummel in Buchs zu unternehmen. Ziel: Erwerb von zwei zweckmässigen Velo-Regenponchos. Die Suche war schliesslich erfolgreich und gab uns neuen Mut, das nächste Ziel weitgehend trocken zu erreichen. Nach dem Mittagessen machten wir uns, nun besser geschützt, auf den Weg. Prognose: Mehrere Regenzellen unterwegs. Genauso traf es denn auch ein. Trotz des verhangenen Wetters genossen wir die Landschaft, welche nun gebirgig und abwechslungsreicher wurde.
Man sieht einen Wald hinter dem Rhein mit einer massivem Felswand dahinter
Eine traumhafte Kulisse!

Die Route kreuzt die sogenannte Bündner Herrschaft, bekannt für ihren guten Wein und Heimat einer berühmten Schweizerin – ja genau, Heidi. Das hübsche Städtchen Fläsch z.B. liegt inmitten von Rebbergen und hat als Auszeichnung für seine innovative Ortsplanung im Jahr 2010 den Wakker-Preis erhalten. Auch Maienfeld ist ein sehr hübscher Ort mit zahlreichen Weinkellern. Wir folgten weiterhin dem Rhein und erreichten schliesslich Chur.
 
Das Hotel Chur liegt quasi vor dem Tor zur Altstadt. Nach dem Versorgen der Räder unternahmen wir einen kleinen Stadtbummel. Das Zentrum ist grösstenteils autofrei und bietet eine grosse Dichte von Restaurants. Es ist für jeden Geschmack etwas dabei.

Tag 4: Chur – Disentis

Blick auf eine grüne wiese mit Wald im Hintergrund
Die Wolken ziehen langsam davon...

Vor der längsten Strecke der Reise (ca. 70 km) hatten wir einigen Respekt und entschieden uns, etwas früher als sonst loszufahren. Wir liessen es noch offen, ob wir bis Disentis fahren würden, oder doch lieber die in unserem Programm erwähnte Abkürzung mit der Rhätischen Bahn nehmen wollten. Kurz nachdem wir Chur hinter uns gelassen hatten, wurde der Radweg eher zu einem Biketrail. Viel Auf und Ab, durch den Wald, steile Abfahrten usw.. Dies kostete uns trotz der Elektrovelos etwas Kraft und wir beschlossen, ab Reichenau-Tamins bis Ilanz den Zug zu nehmen. Man kürzt die Strecke damit um ca. 20 km ab und sieht die prächtige Rheinschlucht mit ihren bizarren Steinformationen aus dem Zugfenster, was zwar schade ist, aber energiesparend.
Sicht auf den Rhein nebem Bäumen und Feldern und der Rhätischen Bahn
Ein Blick auf die Rhätische Bahn.

Dazu sei erwähnt, dass die Rhätische Bahn nicht über Niederflurwagen mit ebenmässigem Einstieg verfügt. Das heisst: Hochheben der schweren Flyer und Durchzwängen auf der engen Treppe – es war ein Kraftakt! Man liess uns mit der Mühe und unseren roten Köpfen auch ziemlich allein. Keiner der Fahrgäste hätte uns die Türe des Abteils aufgehalten oder so...
 
In Ilanz klappte der Ausstieg dank einer Gruppe von Kanuten, welche uns beim Ausladen half, reibungslos und wir schwangen uns motiviert wieder in den Sattel, weiter Richtung Disentis. Mit moderaten Steigungen führte der Radweg auf Naturstrassen weiter dem Rhein entlang. Wir konnten am Himmel erkennen, dass sich das Wetter langsam besserte. Halleluja!
Sicht auf den seichten Rhein mit Steinen und einer Brücke
Wir kommen der Rheinquelle näher.
 
Das letzte Stück bis Disentis hielt noch eine knackige Steigung bereit. Aber unsere Akkus hatten noch genügend Saft, um uns hinaufzutragen. Von unten sieht man bereits die mächtige Klosteranlage von Disentis.
Das uralte Benediktinerkloster beherbergt neben Klosterkirche, Schule und Museum auch einige Hotelzimmer.
Wir erreichten schliesslich müde, aber zufrieden das Hotel Alpsu in Disentis. Es hat ein Gilde-Restaurant und scheint der absolute Spezialist für Capuns zu sein. Mir hat die feine Heusuppe zusammen mit einem guten Tropfen Rotwein aus der Region allerdings besser geschmeckt.

Tag 5: Disentis – Biasca

Blick in ein grünes Tal mit Strasse in der Mitte
Die Fahrt auf den Lukmanier schenkt immer wieder traumhafte Ausblicke!


Mit Vorfreude und etwas Spannung nahmen wir die Fahrt vom Bündnerland ins Tessin in Angriff. Ein Problem mit der Kette am Fahrrad der Kollegin führte uns zuerst in den Bikeshop im angrenzenden Feriendorf Catrina Resort. Ein Profi konnte das Problem rasch beheben und so gingen wir den Lukmanierpass mit durchgecheckten Velos und guten Mutes an. Die Landschaft zeigte sich im Sonnenschein von ihrer schönsten Seite und es wurde, auch dank des Anstiegs, sommerlich warm. Der Weg führt der Hauptstrasse entlang. Dies stört aber nicht, denn der Pass ist zumindest bei den Autofahrern etwas in Vergessenheit geraten. Motorradfahrer schätzen die grossen Kurven weitaus mehr.

Blick auf den Stausee des Lukmanierpasses
Endlich oben angekommen!

Die moderate Steigung zieht sich über ca. 20 km. Immer wieder bieten sich tolle Ausblicke in die Bergwelt und auf die bereits bewältigten Kurven. Die Landschaft ist wenig überbaut. Die vereinzelten Toi Toi WC’s auf der Strecke sind hilfreich für Radfahrer. Für unsere Akkus war die Steigung gar kein Problem, für schwächere Modelle gibt es während des Anstiegs zwei oder drei E-Bike Ladestationen – sehr praktisch.
 
Von unten sieht die Bogenstaumauer des Lai da Sontga Maria wie der Stausee in romanisch heisst, sehr imposant aus und man hofft, dass sie halten möge…….Der See mit seinem dunkelblauen Wasser belohnt einen für die Mühen des Aufstiegs. Denn hat man ihn erreicht, ist auch der Hospitz des Lukmanier erklommen. Ein tolles Gefühl. Zur Stärkung für Fahrer und E-Velos gibt es ein Restaurant mit Terrasse und eine weitere Ladestation.
Sicht auf ein Dorf am Boden des Lukmanierpasses
Auch die Abfahrt spart nicht mit grandiosen Aussichten.


Die lange Abfahrt nach Biasca haben wir sehr genossen. Von 1915 m über Meer fährt man auf 301 m hinunter und der Temperaturunterschied ist markant. Wir freuten uns, dass wir den Pass nicht in der anderen Richtung gefahren sind, denn dies wäre ein harter Brocken und wohl nur sehr trainierten Rennvelofahrern zu empfehlen.

Nach all dem Regen schätzten wir die Sonnenstube Tessin natürlich umso mehr. Ich kannte Biasca und auch das Hotel Al Giardinetto schon von früheren Reisen. Ich hatte den Ort als kleines, eher verschlafenes Nest in Erinnerung. Meine Kollegin hatte aber den Wunsch, in einem typischen Tessiner Grotto zu essen, also machten wir uns auf die Suche. Und siehe da: Etwa zwanzig Gehminuten vom Al Giardinetto entfernt, fanden wir vier Grotti, von denen immerhin zwei geöffnet hatten. Und so kamen wir doch noch zu unserem Tessinerabend mit Steinpilz-Risotto und einem Boccalino Rotwein. Salute!

Tag 6: Biasca – Locarno | Abreise

Blick auf Castelgrande in Bellinzona vom Piazza del Sole
Bellinzona mit seinen Burgen ist definitiv ein Stopp wert!

Auf der Strecke zwischen Biasca und Bellinzona gibt es leider keinen Radweg. Immer wieder erblickten wir zwar entsprechende Signalisationen, aber die Velowege fanden plötzlich ein Ende oder mündeten zurück in die stark befahrene Hauptstrasse. Auf dem schmalen Radstreifen sind Konzentration und Vorsicht ein MUSS. Wir erreichten bald einmal Bellinzona, die Hauptstadt des Kantons Tessin. Die bekannten drei mittelalterlichen Burgen sind von weither zu sehen.
 
Nicht nur sie, sondern auch die Altstadt sind unbedingt einen Besuch wert. Am Ende einer Reise ist ein kleiner Einkaufsbummel ja auch immer eine gute Sache, besonders für uns Frauen. Die Velos konnten wir beim Bahnhof problemlos einstellen. Sehr sehenswert und nur ein paar Gehminuten vom Bahnhof entfernt, empfehle ich einen Besuch des Rathauses. Der Innenhof ist reich geschmückt mit historischen Gemälden rund um das Geschehen in der Stadt und im Kanton Tessin.

Nach dem Mittagessen nahmen wir den letzten Teil unserer Reise in Angriff. Ab Bellinzona Richtung Magadino-Ebene ist der Radweg wieder gut signalisiert. Mit dem Auto macht diese Strecke keinen Spass. Ich habe besagte Passage noch praktisch nie ohne Stau erlebt. Ganz anders mit dem Fahrrad – aus dem Velosattel lässt es sich schadenfreudig den wartenden Automobilisten zuschauen, während einem ein frischer Wind (allerdings in der falschen Richtung) um die Ohren weht.
 
Die Strecke ist topfeben und führt stellenweise durch Landwirtschaftsland. Neben Mais wird in der Gegend auch Reis angepflanzt. Im unteren Teil der Ebene liegt der Flugplatz Locarno. Bevor wir unser Ziel, den Bahnhof Locarno erreichten, gönnten wir uns auf dem viel besuchten Campingplatz von Tenero, direkt am Lago Maggiore gelegen, ein Eis.
Blick auf einen kleinen Steg mit mehreren Segelbooten auf dem Lago Maggiore
Wir sind am Ziel angekommen!

Auf den letzten Kilometern war der Radweg gut beschildert und wir erreichten den Bahnhof mühelos. Dort tauschten wir wie am Anfang zwei Elektrovelos gegen zwei Gepäckstücke und da die Übergabe so reibungslos klappte, hatten wir noch genügen Zeit für einen Bummel auf der lebhaften Seepromenade. Diese zeigte sich herausgeputzt und bot den zahlreichen Touristen ein tolles Fotosujet. Wir mussten trotz herrlichem Sommerwetter in den Zug Richtung Deutschschweiz steigen und genossen aus dem Zugfenster noch einmal den majestätischen Langensee (Lago Maggiore).

Mein Fazit

Blick über die mäandrierende Strasse zum Lukmanierpass

Eine wunderschöne Veloreise, die für jeden Geschmack etwas zu bieten hat. Mir gefiel vor allem, dass drei sehr unterschiedliche Gegenden der Schweiz besucht werden. Die Rebberge der Bündner Herrschaft mit den pittoresken Weindörfern und die Sonnenstube Tessin waren für mich die Highlights.
 
Der wenig bekannte Lukmanierpass bleibt mir aber auch in bester Erinnerung. Wer es gemütlich mag, bucht die Reise mit Elektrovelo. Ansonsten gibt es für die beiden längsten Etappen die Möglichkeit, mit den ÖV abzukürzen.

Über die Autorin

Marlise Haller
Marlise Haller
0041 43 422 60 13
Eurotrek AG

Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch
Abwesend: Donnerstag, Freitag


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