Gestärkt geht’s weiter Tal einwärts, an der Bergflanke ragen steil die verwitterten Denti della Vecchia zum Himmel. Die «Zähne der Alten» stammen der Sage nach von einer Hexe und sind ein beliebtes Klettergebiet. Nach gut 20 km erreichen wir auf einer Panoramaterrasse zwischen Alpweiden und Buchenwäldern die urige Capanna Pairolo, wo wir übernachten und ein schmackhaftes Abendessen auf uns wartet. In der Abendsonne geniessen wir die unglaubliche Aussicht über das Tal bis auf die Walliser Alpen und das Monte Rosa Massiv und begeben uns nach einem Teller herrlich duftender Gniocchi im einfachen Mehrbettzimmer zur Ruhe.
Bald nach dem Frühstück schwingen wir uns auf unsere Bikes. Es sind nur noch 8 km bis zum italienisch-schweizerischen Grenzpass San Lucio auf 1541 m ü M. zuhinterst im Val Colla. Ein magischer Ort. Pilgern, Händler und Schmugglern war der Passübergang ins zerfurchte italienische Val Cavargna wohlbekannt. In der kleinen Kirche auf dem Pass bewundern wir die kürzlich restaurierten Fresken. Die Kirche ist dem heiligen Lucio geweiht, dem Patron der Sennen, der auf dieser Alp gelebt haben sollen. Hier haben Ausflügler die Qual der Wahl: Einkehr im italienischen Rifugio oder in der schweizerischen Capanna? Sinnigerweise heissen beide San Lucio.
Ein sensationeller, nicht enden wollender Singletrail führt mal flowig, mal ziemlich technisch in stetem Auf und Ab den Hängen entlang talauswärts. Nach guten 10 km auf dem Höhenweg ab San Lucio erreichen wir auf dem fantastischen Aussichtsplateau Balcone Luganese die neue SAC Hütte Capanna Monte Bar. Ein moderner Kubus aus hellem Holz und Glas, erbaut von zwei jungen Architekten aus Mendrisio. Die Capanna hat nichts vom herkömmlichen Alphüttengroove. Ein lichtdurchflutetes Juwel mit einer Traumsicht durch die raumhohe Verglasung der Gaststube und von den beiden Terrassen. Der Blick reicht zu den Denti della Vecchia und über einen grossen Teil des Luganese bis zur Po-Ebene. Nachts, wenn das Feuer im Kamin brennt, leuchtet die Hütte wie eine grosse Laterne im Dunkeln.
Auch hier sind Biker willkommen: Sie schätzen den modernen, top ausgestatteten Bikekeller mit kleiner Werkstatt für die Pflege der Bikes, lassen sich am Kaminfeuer mit feinen Kreation des jungen, innovativen Küchenteams verwöhnen und geniessen danach die schlichten modernen Zimmer mit Blick auf die Lichter im Tal. Auch wir machen hier gerne Pause und schlemmen mit Blick auf die Zähne der Alten und das Luganese ein wahrhaft unvergleichliches Mojito-Eis.
Auf einem breiten Alpweg rollen wir auf unseren Bikes wenig später dem markanten Crocione entgegen, einem mächtigen, von weither sichtbaren Kreuz auf der äussersten Bergkante des Val Colla, wo uns der Golf von Lugano zu Füssen liegt. Auf einem langen Singletrail rocken wir der Bergflanke entlang nach Gola di Lago hinab. Von hier aus führt die Route von Lugano Bike Nr. 66 direkt hinunter nach Rivera. Wir jedoch surfen am Monte Bigorio auf den flowigen Trails der Route Nr. 359 durch lichte Birkenwälder, biken über sanfte Wiesenkuppen und spassige Trails zum Franziskanerkloster Sta. Maria oberhalb Bigorio hinunter, rollen ehrfürchtig die lange Kreuzweg-Treppe hinab, die von kleinen Kapellen mit zeitgenössischer Sgrafitto-Malerei flankiert wird, und fahren schliesslich via Taverne nach Rivera, wo wir uns im Wasserpark Splash & Spa Tamaro entspannen.
Informationen zur Tour
Die beschriebene, ca. 60 km lange Tour folgt von Brè bis Gola di Lago der Signalisation Lugano Bike Nr. 66, dann Capriasca Bike Nr. 359. Sie entspricht in etwa der 1. und 2. Etappe der 4-tägigen LUGANO BIKE-Tour Lugano (Monte Brè) - Ponte Tresa.