Zwei Biker machen Pause mit Baumelnden Füssen. Die Velos sind an das Geländer des Stegs angelehnt.Im Hintergrund sind schwach die Berge zu sehen.

"Vo Montreux gäge Weggis zue"

Text von Monika Neidhart

Auf zwei Rädern durch die halbe Schweiz von einem Gewässer zum nächsten fahren: Genau das kann man auf der Seenroute Nr. 9, die zu Recht diesen Namen trägt. Doch nicht nur Wasser in allen Formen ist auf dieser Veloroute zu erleben, auch «Glanz & Gloria», unberührte Natur, verschiedene Baustile, kulinarische Köstlichkeiten und viel Genuss.

Strahlend blauer Himmel über Montreux. 30° C. An den Gestaden schweift mein Blick entlang der Rebhänge des Lavaux und über die Weite des Genfersees bis zu den schneebedeckten Gipfeln der französischen Berge. Ich atme tief durch; die Ferien können beginnen. Gemütlich radeln wir Richtung Vevey.

Je mehr der Glanz von Montreux hinter uns liegt, umso mehr glänzen unsere Schweisstropfen. Die erste grosse Steigung in Vevey überwinden wir nicht mit dem "Funiculaire", sondern mit dem Velo; wir haben ja ein E-Bike gemietet. Doch wir müssen uns zuerst an die Unterstützung durch den Elektromotor gewöhnen und lernen, mit den 3 Stärken und den 8 Gängen optimal zu fahren.

Lindenblütenduft, Stille und im Rückblick der traumhafte "Postkarten"-Blick über den Genfersee. Weiter geht es durchs Grasland Richtung Greyerz. Der Weg folgt einer alten Handelsroute, auf der bereits im Mittelalter die Greyerzer ihren Käse nach Vevey oder weiter per Schiff nach Genf und Lion brachten.

Bild aus der Vogelperspektive zeigt Montreux am Genfersee.

Kulinarische und kulturelle Pausen

Unsere Tagesetappen von rund 50km lassen Pausen und Besichtigungen zu. In Bulle erwartet uns das Schloss im Savoyer Stil und die Kirche Notre-Dame de Compassion mit der geschnitzte Eingangstüre aus dem 17. Jh. Das Stück "Gateau bullois" (eine Art Bündner Nusstorte mit Schokoladenüberzug) ist nahrhaft.

Mit höchstmöglicher Unterstützung des E-Bikes fahre ich am Ende der 1. Etappe locker den Hügel zum mittelalterliche Städtchen Greyerz hinauf. Die Tonbildschau im Schloss gibt uns einen Überblick über die Herren von Greyerz. Der Kranich, ihr Wappentier, werden wir am folgenden Tag noch nach Chateau-d'Oex sehen.

Das Frühstücksbuffet präsentiert die kulinarische Seite vom Freiburgerland. Neben Käse gibt es auch Safranbrot, Moutarde de benichon und Doppelrahm. Ein Amerikaner streicht ihn kräftig aufs Brot und erklärt dem dänischen Biker, dass dies frische Butter sei. Die Einheimischen tauchen darin Erdbeeren und essen Meringue dazu.

Radfahrer auf der Seen-Route von Meiringen nach Rapperswil mit Bergen im Hintergrund.

Aus einem anderen Blickwinkel die Schweiz entdecken

Bei der Ausfahrt aus Greyerz Richtung Tagesziel Schönried sehen wir das Schloss Greyerz mit den Befestigungsanlagen beim Zurückschauen aus einer Perspektive, die man kaum auf einer Postkarte sieht und gerade deshalb fasziniert. "Ich nehme den Weg aus dem Velosattel ganz anders wahr, als aus dem Auto", meint mein Begleiter erstaunt. Dies beglückt und fasziniert uns in den nächsten Tagen immer wieder.

Auf dem Weg nach Schönried begegnen uns in den kleinen Dörfern ursprünglicher Charme und traditionelle Baustile. In Lessoc steht mitten auf dem Dorfplatz ein gedeckter, achteckiger Brunnen mit silbergrauen Schindeln. Wie bei einem Kreisel umfahre ich den Brunnen und bestaune seine Mächtigkeit. Ein lautes Hupen aus einer Gasse schreckt mich auf. Ein Lieferwagen biegt um die Ecke; ein fahrender Einkaufsladen für die Bewohner.

Als uns asiatische Gäste enthusiastisch aus dem GoldenPass- Zuges grüssen, realisieren wir, dass wir im Saanenland sind. In der noblen Welt von Gstaad halten wir uns nicht lange auf; das Wetter-App verheisst nichts Gutes. Wir nehmen unseren letzten Anstieg nach Schönried dank des E-Bike locker. Im Hotel "Ermitage" werden wir herzlich umsorgt.

Unsere Veloschlüssel werden uns abgenommen, das Personal wird uns morgen unsere Bikes vorfahren. Genüsslich sitze ich schon bald in der Badewanne im Zimmer und sehe dem Gewitterregen zu. Ums Gepäck müssen wir uns nicht kümmern; es wird von Hotel zu Hotel transportiert.

Lecker Eis. Ein Pärchen sitzt am Ufer in Spiez und isst ein Glace.

Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleider

Am nächsten Tag nützt uns das Wetter-App nichts mehr. Im Dauerregen fahren wir bis Spiez. Die Bekleidung hält dicht; die Hände hingegen sind eiskalt. 10°C. In Boltigen wärmen wir uns an einem Tee und lassen uns durch die Witze am Stammtisch aufheitern. Auffallend die prächtigen Holzhäuser im Simmental.

Zwei Velofahrer radeln entlang des Vierwaldstättersees auf der Seen-Route von Eurotrek.

Kunstvoll bemalt und mit Schnitzereien verziert zeugen sie vom Reichtum, der aus der Pferde- und Rinderzucht stammte. Im Hotelzimmer in Spiez stopfen wir die durchnässten Schuhe mit Zeitungen. Dann erkunden wir die wunderschöne Bucht. Fast zu lange. Hätte uns ein Gärtner der Schlossanlage nicht ein paar Minuten Überzeit geschenkt, wäre uns buchstäblich ein Kleinod verschlossen geblieben: die tausendjährige Schloss-Kapelle.

Die nächste Etappe nach Wilen am Sarnersee wird für uns zum abwechslungsreichsten Tag trotz Dauerregen.  Der erste Abschnitt führt neben der stark befahrenen Strasse entlang des Thunersees Richtung Interlaken. Dann folgt die Route 9 wieder Neben- und Naturstrassen.

"Auf 2 km 100m Aufstieg" warnt eine Tafel. Auf der Schussfahrt hinunter nach Isetwald ist der Blick frei auf den Brienzersee. Die Freude währt nicht lange. Ein noch längerer, satterer Anstieg. Da kommen wir sogar mit dem E-Bike ausser Atem in diesem Waldabschnitt. Bei der anschliessenden Abfahrt bin ich so beschäftigt mit dem schweren Velo, dass ich das Dosen nicht höre.

Unvermittelt habe ich freie Sicht auf die Giessbachfälle! Später ersparen wir uns den Aufstieg auf den Brünig. Wir verladen die Velos bis Lungern in den Zug. Weg vom grossen Autoverkehr fahren wir auf der anderen Seite des Lungern- und Sarnersees und sehen Obwalden aus einem neuen Blickwinkel.  Im Wilerbad-Spa geniesse ich die Ruhe und die Wärme in der Himalayasalz-Sauna .

Eine Familie radelt am Ufer des Vierwaldstättersees.

 

Blick auf Palmen und See

Kurz nach Sarnen radeln wir am letzten Tag wieder durch ein kleines Bijou. Zwischen Autobahn und einem schroffen Felsband liegt der unter Naturschutz stehende Wichelsee. Weil wir die Tour in Weggis beenden, verlassen wir in Luzern die Seenroute beim Bahnhof und folgen nun der Route 38, die beim Verkehrshaus links weggeht und über den Englischen Friedhof in den Meggerwald führt.

Auf der Naturstrasse steigt es zwar sanft, aber lange an. Der Blick über den See und auf die umliegenden Berge geniessen wir ohne Angst vor dem dichten Verkehr von oben. Vom Seeplatz in Küssnacht am Rigi ist der Blick immer wieder atemberaubend! In Weggis blicken wir auf Palmen, den See und die Berge und denken zurück an unsere rund 280km lange Velotour, die wir am Genfersee, ebenfalls mit Palmen begonnen haben: Schön, ein Stück Schweiz erkundet zu haben. Was wir durch die Regenwolken nicht sehen konnten, können wir ein anderes Mal geniessen.

Bericht zum Downloaden

7_Velotour_Montreux_Weggis.pdf

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Ausblick auf den Vierwaldstättersee mit Berglandschaft im Hintergrund

Unsere Veloferien entlang der Seen-Route

Mittelschwer
Schweiz

Veloferien Seen-Route Fribourg & Berner Oberland

3 Tage | Individuelle Einzeltour
(1)
Mittelschwer
Schweiz

Veloferien Seen der Zentralschweiz

4 Tage | Individuelle Einzeltour
Mittelschwer
Schweiz

Veloferien Seen-Route Walensee, Rheintal & Bodensee

4 Tage | Individuelle Einzeltour
(2)
Mittelschwer
Schweiz

Veloferien Seen-Route Vevey- Rorschach

9 Tage | Individuelle Einzeltour
(10)